Kindergeld und Kinderfreibetrag sind eng miteinander gekoppelt und von staatlicher Seite aus eine Unterstützung für Familien, um den Grundbedarf der Kinder zu decken. Dabei gilt: Entweder Kindergeld oder Kinderfreibetrag – beides gleichzeitig ist nicht möglich.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Kinderfreibetrag?
Der Kinderfreibetrag ist ein Steuerfreibetrag und wird, analog zum Grundfreibetrag für Erwachsene, gewährt, um das Existenzminimum des Kindes steuerfrei zu stellen und den Grundbedarf zu decken. Im Gegensatz zum Kindergeld wird der Kinderfreibetrag nicht monatlich ausgezahlt, sondern wirkt sich erst bei der Einkommensteuer aus. Er mindert das zu versteuernde Einkommen und senkt somit die Steuerlast. Die monatlichen Kindergeldzahlungen können dabei als Vorausleistung auf den Freibetrag betrachtet werden, wobei das Finanzamt im ZUge der Steuererklärung automatisch geprüft wird, welche Variante – Kindergeld oder Kinderfreibetrag – für die Eltern günstiger ist.
Der Kinderfreibetrag ist für Eltern dann von Vorteil, wenn die Steuerersparnis durch den Freibetrag die Höhe des gezahlten Kindergeldes übersteigt.
Kinderfreibetrag Höhe und Zusammensetzung
Die Höhe des Kinderfreibetrags wird jedes Jahr angepasst und ist pro Kind festgelegt. Er setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: dem eigentlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes und einem zusätzlichen Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. 6 EStG). Die folgende Tabelle zeigt die Höhe und Zusammensetzung des Kinderfreibetrags je Kind für die Jahre 2022, 2023 und 2024.
Wie hoch ist der Kinderfreibetrag?
Jahr | Kinderfreibetrag | Betreuungsfreibetrag | Summe |
---|---|---|---|
2024 | 3.192 EUR | 1.464 EUR | 4.656 EUR |
2023 | 3.012 EUR | 1.464 EUR | 4.476 EUR |
2022 | 2.810 EUR | 1.464 EUR | 4.274 EUR |
Freibetrag anteilig im Geburtsjahr
Wenn das Kind nicht im Januar sondern etwa im Mai geboren, so wird im Geburtsjahr der Freibetrag anteilig gewährt. Beispiel: Da das Kind im Mai geboren wurde, besteht der Kindergeldanspruch für acht Monate des Jahres, so dass auch der Kinderfreibetrag nur für acht Monate berechnet wird: 4.656 / 12 x 8 = 3.104 Euro für 2024.
Unterschied zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld
Der entscheidende Unterschied zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag liegt nicht in den Anspruchsvoraussetzungen – diese sind identisch, sondern in der Art und Weise, wie die Unterstützung gewährt wird: Kindergeld als direkte monatliche Zahlung und der Kinderfreibetrag als steuerliche Entlastung. Da der Freibetrag automatisch im Rahmen der Steuererklärung geprüft wird, können alle Eltern, die Kindergeld erhalten, auch den Kinderfreibetrag in Anspruch nehmen – vorausgesetzt, er bringt einen Steuervorteil.
Günstigerprüfung
Das Finanzamt prüft im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung bei der Steuererklärung automatisch, ob der Kinderfreibetrag oder das bereits gezahlte Kindergeld für Eltern finanziell vorteilhafter ist. Im ersten Schritt wird dazu die Einkommensteuer auf das zuvor ermittelte zu versteuernde Einkommen berechnet. Anschließend wird das zu versteuernde Einkommen um den Kinderfreibetrag vermindert und die Einkommensteuer auf Basis der neuen Bemessungsgrundlage erneut ermittelt. Erst wenn bei beiden Berechnungen die Differenz der Einkommensteuer die Höhe des bereits ausgezahlten Kindergeldes übersteigt, ergibt sich ein Steuervorteil durch den Kinderfreibetrag. Ist die Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag geringer als das erhaltene Kindergeld, wird der Freibetrag nicht berücksichtigt. Es gibt also keine Doppelbegünstigung – entweder wirkt sich der Kinderfreibetrag steuermindernd aus oder das Kindergeld bleibt bestehen. Siehe hierzu unsere Berechnungsbeispiele
Voraussetzungen für den Kinderfreibetrag
Der Anspruch auf den Kinderfreibetrag entsteht im Geburtsmonat des Kindes und hat so lange Bestand, wie auch der Kindergeldanspruch besteht. Allgemein gilt:
- bis zum 18. Lebensjahr
- bis zum 25. Lebensjahr, wenn sich das Kind noch in Ausbildung oder Studium befindet
- auch über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn das Kind behindert ist und außerstande, sich selbst zu unterhalten
Keine Beantragung notwendig
Der Kinderfreibetrag muss dabei nicht separat beantragt werden, da das Finanzamt ihn automatisch im Rahmen des Familienleistungsausgleichs berücksichtigt. Eltern müssen lediglich ihre Steuererklärung einreichen und die erforderlichen Angaben zu ihrem Kind bzw. ihren Kindern in der Anlage Kind machen. Das Finanzamt prüft dann, ob der Kinderfreibetrag vorteilhafter ist als das Kindergeld. Weitere Schritte sind für Eltern nicht notwendig, um den Freibetrag in Anspruch zu nehmen.
Kinderfreibetrag übertragen
Grundsätzlich steht jedem Elternteil die Hälfte des Kinderfreibetrags (0,5) zu – im Gegensatz zum Kindergeld, bei dem ein Elternteil die volle Leistung erhält. Es ist also eine Aufteilung des Freibetrags zwischen den Eltern vorgesehen. In der Praxis nimmt jedoch häufig ein Elternteil den vollen Kinderfreibetrag – mit Zustimmung des anderen Elternteils – über die elektronische Lohnsteuerkarte (ELStAM) in Anspruch.
Auswirkungen auf die Lohnsteuer
Der Kinderfreibetrag hat im Lohnsteuerabzugsverfahren keine direkte Auswirkung auf die Lohnsteuer selbst. Er beeinflusst jedoch die Zuschlagsteuern wie den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer, die auf Basis der Lohnsteuer berechnet werden. Die eigentliche Steuerersparnis durch den Freibetrag wird erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung wirksam.
Nicht erfüllte Unterhaltspflichten
In bestimmten Fällen kann der halbe Kinderfreibetrag auf den anderen Elternteil übertragen werden, sodass dieser den vollen Freibetrag nutzen kann. Dies geschieht, wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden sind und ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt oder aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit keine Unterhaltspflicht besteht.
Berechnungen zum Kinderfreibetrag
Die Berechnungsbeispiele beziehen sich auf den Veranlagungszeitraum 2023, da die Steuererklärung für 2024 erst im Jahr 2025 einzureichen ist. Entsprechend dienen Steuertarif und Kinderfreibetrag 2023 als Bemessungsgrundlage. Die Berechnungen wurden mit dem Steuerrechner des BMF durchgeführt.
Beispiel 1: Elterpaar mit einem Kind (nach Splitting-Tabelle)
Bei Verheirateten ergibt sich in der Steuererklärung für 2023 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. 86.000 Euro und mehr ein Steuervorteil durch den Kinderfreibetrag gegenüber dem gezahlten Kindergeld.
ohne Kinderfreibetrag | mit Kinderfreibetrag | |
---|---|---|
zu versteuerndes Einkommen | 72.000 EUR | 72.000 EUR |
Kinderfreibetrag | – 8.952 EUR | |
Bemessungsgrundlage | 72.000 EUR | 63.048 EUR |
Einkommensteuer | 13.062 EUR | 10.304 EUR |
Differenz Einkommensteuer | 2.758 EUR |
ohne Kinderfreibetrag | mit Kinderfreibetrag | |
---|---|---|
zu versteuerndes Einkommen | 86.000 EUR | 86.000 EUR |
Kinderfreibetrag | – 8.952 EUR | |
Bemessungsgrundlage | 86.000 EUR | 77.042 EUR |
Einkommensteuer | 17.684 EUR | 14.682 EUR |
Differenz Einkommensteuer | 3.002 EUR |
Beispiel 2: lediger Elternteil mit einem Kind (nach Grundtabelle)
Bei Alleinstehenden ergibt sich in der Steuererklärung 2023 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. 45.000 Euro ein Steuervorteil durch den Kinderfreibetrag gegenüber dem gezahlten Kindergeld.
ohne Kinderfreibetrag | mit Kinderfreibetrag | |
---|---|---|
zu versteuerndes Einkommen | 36.000 EUR | 36.000 EUR |
1/2 Kinderfreibetrag | – 4.476 EUR | |
Bemessungsgrundlage | 36.000 EUR | 31.524 EUR |
Einkommensteuer | 6.531 EUR | 5.152 EUR |
Differenz Einkommensteuer | 1.379 EUR |
ohne Kinderfreibetrag | mit Kinderfreibetrag | |
---|---|---|
zu versteuerndes Einkommen | 48.000 EUR | 48.000 EUR |
1/2 Kinderfreibetrag | – 4.476 EUR | |
Bemessungsgrundlage | 48.000 EUR | 43.524 EUR |
Einkommensteuer | 10.609 EUR | 9.023 EUR |
Differenz Einkommensteuer | 1.586 EUR |
Kindergeldantrag wichtig trotz Kinderfreibetrag
Das Kindergeld wird in jedem Fall auf den Steuervorteil aus dem Kinderfreibetrag angerechnet. Daher ist es wichtig, dass ein Kindergeldantrag gestellt wird, auch wenn man von vornherein weiß, dass sich der Freibetrag günstiger auswirkt.
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